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                                PORTRÄT | 7
  Ein Bauer aus Leidenschaft. Dabei war die- se Karriere nicht unbedingt vorgezeichnet. Erst vor sechs Jahren hat Florian Haslbeck von seinem Vater den Betrieb übernom- men. Als er seine Schulzeit hinter sich ge- lassen hatte, erlernte er zunächst den Be- ruf eines Elektrikers. „Der Betrieb mit zehn Hektar eigener Fläche war einfach zu klein, um zwei Familien zu ernähren“, blickt Haslbeck zurück. Aus der Ausbildung entwickelte sich später eine Spezialisie- rung zum IT- und Systemelektroniker. Fort- an war der junge Mann vom bayerischen Lande mehr als zehn Jahre europaweit unterwegs und konnte nur wenig Zeit zu Hause auf dem Hof verbringen.
Dennoch fand er die Zeit, Ausbildungen zum Landwirtschaftsmeister und zum staatlich geprüften Wirtschafter für den Landbau zu machen. Denn „die Leiden- schaft für die Landwirtschaft war immer da und ging auch nicht weg“, erzählt er heute. 2008 gründete er mit seinem Va- ter zusammen eine GbR und baute den neuen Bullenstall, vor zehn Jahren kehr- te er zurück. Denn zu einem bodenstän- digen Landwirt gehört auch das Famili- enleben, was sich am Mittagstisch zeigt, als Sohnemann Korbinian (9) aus der Schule heimkommt und sich sofort über einen Teller der von Mutter Andrea hausgemachten Spätzle hermacht. Kurz zuvor hat schon die fünfjährige Josephi- ne am Tisch Platz genommen, die Oma hatte sie aus der Kita abgeholt.
Nun ernährt der „für bayerische Verhält- nisse junge Betrieb“ zwei Familien, wie Haslbeck zurückblickt. Sein Urgroßvater hatte 1890 mit der Landwirtschaft be- gonnen, als reiner Selbstversorgerbetrieb mit Kühen und Schweinen. Der Großva- ter stellte dann um auf Milchvieh, doch die größte Umstellung vollzog sein Vater Otto 1978, als er den ersten Bullenstall baute und Fleckvieh auf den Hof holte. Seither geht es voran. Florian Haslbeck denkt schon an die nächsten Investitio- nen und will vor allem in Tierwohl inves- tieren. „Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht“, sagt er und will seinen Hof für die Zukunft gut aufstellen.
Tierwohl steht bei Haslbeck ganz oben auf der Agenda. Viermal am Tag, das letzte Mal um halb 10 Uhr abends, schaut er nach den Tieren, die als Kälb- chen auf den Hof kommen. Bis sie im Bullenstall landen, können sie als Fres- ser auf Stroh direkt hinter dem Hofge- bäude heranwachsen. 280 Kälber kauft Haslbeck pro Jahr, immer auf Auktio- nen auf dem Zuchtviehmarkt in Oster- hofen oder in Mühldorf am Inn. Diese Termine sind für ihn der reinste Stress, den er aber gern auf sich nimmt.
Wenn Haslbeck dem Städter aus dem Westen erzählt, wie das Ersteigern der ca. 80 Kilo schweren Kälber abläuft, macht er das mit großem Vergnügen. So kauft er immer Partien zu 46 Stück,
denn zuvor hat er 46 schlachtreife Bullen bei Vion in Waldkraiburg abgeliefert. „Das muss immer passen.“ Der eigene Viehtransporter ist auf 23 Kälber ausge- legt, das heißt: zweimal fahren. Zuvor aber laufen Hunderte von Kälbern an ihm vorbei. Eine halbe Stunde zuvor bekommt er die Daten der Jungtiere. „Wenn ich das erste ersteigert habe, dann weiß ich, dass ich weitere 45 Kälber brauche, sonst funk- tioniert mein System der Aufzucht ja nicht.“ Und dann geht nicht nur das Ge- feilsche um jeden Euro los, sondern auch- darum, wer das beste Kalb zu bekommt. „Wir starten meist bei 350 Euro“, manch- mal kostet ein Jungtier aber auch 600 Euro. „Der Einstiegspreis ist das Wesentli- che“, sagt Haslbeck. Und: „Die Wirtschaft- lichkeit ist entscheidend, dafür bin ich be- kannt. Ich habe wenig Leerstände.“
Wer so genau rechnet und so mit seinem Betrieb beschäftigt ist, findet der auch noch Zeit für andere Dinge? Bei Florian Haslbeck hat das dann aber mit seiner Branche zu tun. Er ist Sprecher des Ar- beitskreises Bullenmast in seinem Land- kreis und engagiert sich in der Initiative „Land schafft Verbindung“, um die Au- ßendarstellung zum Verbraucher zu ver- bessern. „Meine Stalltüren stehen für je- den offen, wir haben nix zu verbergen“, versichert Haslbeck. Das ist die eine Sache. Und die andere, die ihm wichtig ist: „Die Politik muss Entscheidungen treffen.“ Die in der Initiative eng vernetzten Bauern er- warten, dass man sich mit ihren Themen auseinandersetzt. „Das motiviert mich.“ Das passt zu Florian Haslbeck.
Karl-Heinz Steinkühler
 Mit Freude lässt der Landwirt zuweilen auch den historischen Traktor an.
ProAgrar Ausgabe 47 Süd | März 2020
Fotos: Mathis Beutel























































































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